19. April 2010

Babybedenkzeit

Babybedenkzeit

„Babybedenkzeit – Elternpraktikum“

Baby Emely befindet sich jetzt wieder im Dauerschlaf – Modus. Vier Tage hielt es zuvor seine Mutter Mareike und Papa Michael auf Trab, weinte in der Nacht, war im Morgengrauen dann wieder mopsfidel.

Emely ist eine der Babysimulatoren, die den Mädchen und Jungen der Klassenstufen 9 und 10 am Goethe-Gymnasium Ludwigslust in diesem Schuljahr in den Arm gelegt worden sind.

Schon zur Tradition geworden beteiligten sich 21 Mädchen und 3 Jungen in ihrer Freizeit am Elternpraktikum, welches vom DRK Hagenow Frau Andrea Milkau durchgeführt und vom Fachdienst Jugend, dem Jugendhilfe e.V., vertreten durch die Schulsozialarbeiterin Ramona Stein finanziert wurde.

Vorab wurden alle Teilnehmer in einem Einführungskurs von Frau Milkau gründlich auf das Praktikum vorbereitet. Bereiche wurden angesprochen wie: Lebensplanung, Verantwortlichkeiten von Eltern, Babypflege, Kindesmisshandlungen, Vernachlässigung, Schütteltrauma, aber auch Alkohol –und Drogenkonsum während der Schwangerschaft wurde zum Thema gemacht. Auch konnten sie sich durch einen Body eine Vorstellung darüber verschaffen, wie fühlt es sich an, schwanger zu sein.

Das Praktikum sollte die Mädchen erleben lassen, wie ein eigenes Kind ihr Leben verändern würde. Elternschaft bedeutet viel Freude, aber auch große Verantwortung, persönliche Kompetenzen und umfangreiches Wissen.

Vier Tage und Nächte kümmerten sich die jungen Frauen und Männer um die täuschend echten Wesen.

Das Elternpraktikum hörte sich zunächst leichter an, als es dann tatsächlich war.

Das Baby wird so programmiert, dass es zu unterschiedlichen Zeiten Aufmerksamkeit einfordert. Es weint und kann dann nur durch Füttern mit der Flasche oder Herumtragen besänftigt werden. „Manchmal wusste ich gar nicht was es will, da reagierte es weder auf Füttern, Windeln oder Umhertragen“, so die Aussagen von Luise, die ein wirkliches „Problemkind“ erhalten hatte. 120 Minuten schrie ihr Baby, trotzdem hielt sie sich tapfer und versorgte ihr Baby vorbildlich.

Dann wiederum lacht es auch glucksend. Die Mädchen und Jungen waren über einen Chip am Armgelenk mit dem Baby verbunden, nur so konnten sie es beruhigen.

Gespeichert und ausgewertet wird beispielsweise, wie oft das Baby geweint hat, ob es richtig getragen wurde, wie oft sich die Mütter mit ihm beschäftigt haben, ob es satt ist und regelmäßig gewindelt wurde, aber auch grobe Misshandlungen werden aufgezeichnet. „Die Auswertung wird spannend, habe ich alles richtig gemacht“, das waren die Befürchtungen aller Teilnehmer.

Nebenbei schrieben die Mädchen noch ein Tagebuch über ihre Erlebnisse und Gefühle mit dem Baby. So können sie sich auch später noch daran erinnern.

Die Babybedenkzeit bringt die ganze Familie in Bewegung. Nicht nur, weil ein weinendes Baby alle weckt, sondern man kommt auch mit den eigenen Eltern gut ins Gespräch darüber, wie man selbst so früher war.

Zwei Mädchen brachen ihr Praktikum leider vorzeitig ab. Sie erkannten ihre Grenzen und konnten sich mit dem Baby nicht identifizieren. Aber auch das verlangt Respekt und Anerkennung, den Mut dazu aufzubringen und zu sagen: „Das kann ich nicht!“.

Sie hatten es versucht und konnten mit der „Puppe“ keine wirkliche Beziehung aufbauen, auch wenn sie nur von kurzer Dauer sein sollte.

Zum Schluss des Elternpraktikums erhielten die Mädchen und Jungen eine Teilnehmerurkunde als Zeichen der Wertschätzung für ihre Anstrengungen.

In einem sind sich die Jugendlichen jedoch einig: Jetzt auf keinen Fall ein Kind!

Sie haben durch das Projekt so viele praktische Erfahrungen gewonnen und sind auf keinen Fall von einem späteren Kinderwunsch abgekommen!

Ramona Stein – Lehrerin in der Schulsozialarbeit

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