27. Februar 2020

Ein Zeichen gegen das Vergessen

SOR-Team des Goethe-Gymnasiums putzt „Stolpersteine“ anlässlich des Holocaust-Gedenktages

Von Thies J. Hansberg

Ludwigslust – 75 Jahre nach der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau ist es immer noch genauso dringend, an die Opfer des Terrorregimes zu erinnern und ihrer zu gedenken – das finden auch die engagierten Schüler*innen des Ludwigsluster Goethe-Gymnasiums. Ihr Ziel sei es, auf die Spuren jüdischen Lebens in unserer Region und dessen Bedrohung in der NS-Zeit aufmerksam zu machen. Dazu hatten die Jugendlichen mit Projektleiterin Ramona Stein eine einfache wie geniale Idee: „Stolpersteine“ putzen. Die „Stolpersteine“ sind ein Projekt des deutschen Künstlers Gunter Demnig, dieser verlegte seit 1992 bereits etwa 75.000 der kleinen Messingtafeln in ganz Europa. Auf den Gedenktafeln, die vor allem vor Wohnhäusern verlegt wurden, steht der Name der von den NS-Verbrechen betroffenen Person, die Lebensdaten und, sofern bekannt, auch ihr Schicksal: Entrechtet, verfolgt, gedemütigt, ermordet – nur einige der grausamen Beschreibungen. In Ludwigslust gibt es genau fünf der kleinen Denkmäler: In der Kanalstraße 10, in der Schweriner Straße 30 und an der Ecke der Gartenstraße. Sie erinnern an Auguste Jakobsohn, Anna Kastan, Beccie Wolff, Arthur Wolff und Curt Wolff – allesamt mit dem Machtantritt der Nazis aus Ludwigslust verschwunden. Seit ihrer Verlegung waren die Steine schon dumpf und braun geworden, die Schüler*innen wollten sie in ihrem goldenem Glanz wiederherstellen, um so ein würdiges, ungekünsteltes und aufrichtiges Zeichen für die Opfer zu setzen – und das nur in 30 Minuten. Mit Eimer, Politur, Schwämmen und Lappen sah man die Jugendlichen losziehen, das Ergebnis war beeindruckend: Die „Stolpersteine“ schimmern nun wieder wie neu. Das alles geschah erst nach der Schulzeit: Eine Mehrheit der Gruppe sah trotz Freistellung der Schulleitung keine Möglichkeit, diese wichtige Aufgabe innerhalb der acht Unterrichtsstunden zu erfüllen, ohne dabei allzu viel Stoff zu verpassen. „Diese Aktion war sehr spontan und ohne viel Aufwand und hatte dabei trotzdem eine ungeheure Wirkung“, so Lehrerin Ramona Stein begeistert. Bei allen Mitgliedern des SOR-Teams ist vor allem ein Tenor zu erkennen: Wiederholungsbedarf in einem Jahr. So soll das Erinnern an die Verbrechen und die Opfer auch in der Schülerschaft zu einer Tradition werden, einer Tradition in Aktion und im Dialog. „Wenn ihr das nächste Mal durch die Straßen zieht, haltet Ausschau und befasst euch einen kurzen Moment selbst mit diesen Stolpersteinen und gedenkt so der Opfer“ schreibt Abiturientin Wiebke Schmal unter einem Beitrag des offiziellen Instagram-Accounts des SOR-Teams (@schule.ohne_rassismus), der in Zukunft vor allem junge Menschen über das soziale Netzwerk über die wichtigen Projekte und Inhalte der Gruppe informieren soll. Über diesen nahm das Team seine Follower mit durch die Straßen Ludwigslusts und mit zu den Menschen hinter den „Stolpersteinen“, eine Anleitung zum Putzen der Messingtafeln ist dort auch zu finden. In den nächsten Wochen soll dort eine reportagenartige Serie über die fünf ehemaligen Ludwigsluster*innen stattfinden. Eines steht nach diesem Nachmittag für die Schüler*innen fest: Wir alle haben eine Verantwortung ob der Verbrechen unseres Volkes – ein „Vergessen“ wird es hier so schnell nicht geben.

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